Ali Güngörmüs

Ali Güngörmüs

Der Weg ins Pageou führt in den ersten Stock eines klassischen Münchner Innenstadthauses, das Teil der Fünf Höfe ist. Rechts oberhalb des Eingangs empfängt die Schwarzweiß-Fotografie eines alten Mannes vor einer bescheidenen Behausung den Gast. „Das ist mein Opa in seinem Heimatdorf in der Türkei. Von dort komme ich her“, erklärt der Gastgeber Ali Güngörmüs voller Stolz auf seine Wurzeln. In München ist er seit er 10 Jahre alt ist, hier ist er heute zuhause. Und doch spürt man auf Anhieb die tiefe Verbundenheit zu seinem Geburtsland.

 

 

Das Lokal ist luftig, sehr geschmackvoll eingerichtet und verströmt eine sympathische Wohlfühlatmosphäre. Es ist kein Platz, an dem sich die Münchner Schickeria mit Bussi, Bussi begrüßt. Vielmehr kommt man hier her, weil man die besondere Küche schätzt, es gerne ungezwungen hat – Krawatten sieht man eher selten, meint der Hausherr – und wertschätzend empfangen wird. Natürlich ist es gut, wenn man den Ali, den natürlich alle aus dem Fernsehen kennen, hier trifft, vielleicht ein Foto mit ihm machen oder sich eines seiner Kochbücher signieren lassen kann. Aber auch das läuft irgendwie leger und freundschaftlich ab. Viel zu unkompliziert und bescheiden ist der aus diversen Kochformaten inzwischen bekannte Mann, der hier einfach nur Gastgeber ist.

 

„Nein, ich bin kein Star. Ich bin einfach nur ein Koch, der das halt auch mal vor der Kamera macht“, meint Ali Güngörmüs. Und erzählt gleich die Geschichte einer Mutter, die mit ihrem Sohn kürzlich im Lokal war und ihm die Frage stellt, wie der Spross am einfachsten Fernsehkoch werden könne. Die logische Antwort von Ali: „Er soll kochen lernen, das ist schon mal ein guter Anfang.“

 

Aber beginnen wir doch von vorne: Wir treffen Ali Güngörmüs am Morgen vor dem Lokal, beinahe zeitgleich kommen wir an, um dann mit ihm gemeinsam zum Münchner Großmarkt zu fahren. „Ich will euch zeigen, woher ich meine Produkte habe“, sagt Ali, der sofort allen das Du anbietet, sich eine Zigarette „borgt“ und zu erzählen beginnt, wie die Woche so gelaufen ist. Und die war streng. Vor allem der Vortag mit 10 Stunden im Fernsehstudio, um die Tonspur für ein neues Format aufzunehmen, das ab Herbst ausgestrahlt wird. Da kommt ihm der heutige Tag wie eine angenehme Abwechslung vor. Also, auf geht’s.

 

Am Großmarkt, der übrigens nicht nur kulinarisch ein Hingucker ist, sondern auch architektonisch, begrüßt er die Händler wie seine Freunde. Eine Umarmung hier, ein Späßchen dort, dazwischen werden Tomaten verkostet, Trauben probiert und über das viel zu trockene Wetter diskutiert, das dem Plan, mittags Steinpilze zu kochen, einen Strich durch die Rechnung macht. Man mag Ali hier, das merkt man. Und Ali mag seine Lieferanten. Die ersten Einkäufe werden ins Auto gebracht, der Rest wird geliefert. Also ausreichend Zeit, noch einen Espresso zu nehmen und zu plaudern. Und weil’s grad so fein ist, geht’s über die Straße in den Biergarten zu Weißwürsten und einer Halben – so ist das hier in München.

 

Auf dem Weg zurück ins Pageou erfahren wir, dass am Mittag ordentlich was los ist. Aber kein Problem für Ali. Der nimmt sich trotzdem die Zeit, mit uns in der Küche zu plaudern, nebenbei zu kochen und uns zu erzählen, was seine Küche ausmacht. Als erster und einziger türkischer Sternekoch in Deutschland gibt es natürlich viele Anleihen an die Küche seiner türkischen Heimat. Beim Anspruch an die Frische der Zutaten, die Gewürze oder die gekonnte Symbiose von Orient und Okzident. Leicht, bekömmlich, aromenreich und köstlich soll es sein.

 

Das Lokal füllt sich, die Schlagzahl in der Küche erhöht sich. Und Ali Güngörmüs ist überall. Auf der Terrasse, um zu bedienen, drinnen um zu begrüßen, in der Küche um zu unterstützen und bei uns um zu plaudern. Natürlich sprechen wir über Özil, Erdogan und die Situation in der Türkei. Ob er ein politischer Mensch ist, fragen wir ihn. Ja, ist er, meint Ali. Weil er interessiert ist, Anteil nimmt und klar zu seinen Überzeugungen steht. Ob er ein Lieblingslokal hat? Nein, kein bestimmtes. Ein paar gibt es, die mag er vielleicht ein wenig mehr als andere. Ob die Familie sich oft sieht? Ja, tut sie. Familie ist wichtig, aber nicht weil es gut klingt, wenn man das sagt. Sondern weil sie Halt gibt und Stabilität. Ob er gerne Fernsehen macht? Ja klar, aber sicher nicht für ewig. Nur solange es Spaß macht und die Leute ihn gerne sehen.

 

„Habt ihr eigentlich keinen Hunger“, fragt er zwischendurch. „Komm ich koch euch was“, hören wir noch, als er schon auf dem Weg in die Küche ist. Und dann kommt eine kulinarische Reise durch die Welt von Ali Güngörmüs. Wunderbar fruchtig frischer Sommersalat mit türkischem Brot, das er in Olivenöl geröstet hat. Ein herrliches Gemüsegericht mit viel Kräutern und Joghurtdip mit getrockneten Marillen. Oder ein feiner Fisch, leicht und unglaublich schmackhaft. Das Ganze genießen wir an „seinem“ Tisch.

 

„Hier sitzt nur Familie und Freunde“, sagt Ali. „Familie seid ihr nicht, aber Freunde können wir werden.“ Das ehrt uns und vor allem hat man bei ihm das Gefühl, dass er so was nie nur aus Höflichkeit sagt.

Zuhause wurden wir gefragt, ob Ali so ist wie im Fernsehen oder ob er vor der Kamera so ist wie im echten Leben. Die Antwort ist recht einfach: Ali Güngörmüs ist Ali Güngörmüs. Er verstellt sich nicht, er spielt keine Rollen, er plustert sich nicht auf. Und er versteckt sich nicht hinter Masken. Er ist ein herzlicher, offener und super sympathischer Mann, mit dem man gerne zusammen ist und Spaß hat. Und der verdammt gut kochen kann. Danke für den feinen Tag.

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