Frau Dünser macht Schuhe

Frau Dünser

Macht Schuhe

Angelo aus Apulien und Kurt aus Dornbirn sind jene beiden Männer, die den beruflichen Werdegang von Christine Dünser wohl am nachhaltigsten geprägt haben. Und sie kann ihnen durchaus dankbar sein – ihre Maßschuhe sind gefragt, ihre kleine Manufaktur läuft und sie selbst freut sich jeden Tag auf die Arbeit, wenn sie die Türe zu ihrem Atelier in der Dornbirner Widagasse aufsperrt.

 

Dort wo früher feinste Strickwaren der Marke Philipp Mäser produziert wurden, hat Christine Dünser ihre handwerkliche Heimat gefunden. Sie ist damit in der Nachbarschaft ihrer Anfänge als Schuhmacherin geblieben. Aber beginnen wir unsere Geschichte über sie vielleicht doch dort, wo sie sich sozusagen mit dem Schuh-Virus angesteckt hat: in Florenz. Dort hat sie an der renommierten Polimoda – vor mittlerweile vielen Jahren, wie sie selbst sagt – Schuh- und Accessoire-Design studiert. Im zweiten Studienjahr belegte sie einen Kurs bei einem Schuhmacher aus Apulien namens Angelo. „Ich war fast immer die einzige, die bei ihm in der Werkstatt arbeitete“, erzählt Christine. Und dank Angelo ist bei ihr während dieser gemeinsamen Zeit wohl endgültig der Entschluss gereift, eines Tages selbst Schuhe herzustellen.

 

Nach Stationen als Praktikatin bei Salvatore Ferragamo und verschiedenen anderen Unternehmen in Deutschland führte sie ihr Weg zurück ins Ländle, nach Dornbirn. Sie machte ihre ersten Schuhe, hatte aber noch nicht die nötige technische Ausstattung. Und so führte sie ihr Weg eines Tages in die Werkstatt von Kurt Winkler in der Kehlerstraße, denn Christine erfuhr, dass er eine Leder-Schleifmaschine hatte und ihre Idee war, hie und da auf dieser Maschine ihre Leder zu bearbeiten. Aus einem Instant-Kaffee und ein wenig Plauderei wurden eineinhalb Jahre gemeinsame Arbeit in der Werkstatt von Kurt Winkler. Und vor acht Jahren schließlich wagte sie endgültig den Schritt in die Selbständigkeit und eröffnete ihre Schuhmanufaktur.

 

„Es war für mich eine wertvolle und wichtige Zeit. Aber schlussendlich musste ich irgendwann den Sprung wagen. Und ich bin froh, dass ich es getan habe“, resümmiert sie ihre Zeit seit der Rückkehr nach Vorarlberg. Heute fertigt Christine Dünser im Schnitt zwei Paar Schuhe in der Woche, also circa 80 Paar im Jahr. „Es hängt immer etwas von der Machart ab, wie aufwändig ein Schuh ist und dementsprechend wie viel Zeit es braucht“, erklärt sie. Aber wie kommt es überhaupt zu ihren Modellen?

 

„Manche kommen mit einem Foto eines Schuhs, den sie irgendwo gesehen haben und den sie gerne hätten. Andere sind komplett offen und der Schuh entsteht im gemeinsamen Gespräch“, erklärt sie uns. Das Procedere danach ist aber in jedem Fall immer dasselbe: Zuerst wird ein Abdruck des Fußes genommen, sowie Besonderheiten erfasst – wie beispielsweise ein hoher Rist. Dann wird ein erster Leisten gefertigt. Hier werden auch die persönlichen Vorlieben der Kunden berücksichtigt, die auf die spätere Passform Auswirkungen haben. „Das nächste ist ein Probeschuh. Den probiert dann der Kunde. Danach wird wieder am Leisten gearbeitet, bevor es in die endgültige Fertigung des Schuhs geht“, erklärt Christine den Ablauf.

 

Davor wird natürlich noch das Leder ausgesucht, die Farbgebung bestimmt und weitere Details festgelegt. „Da können meine Kunden aus dem Vollen schöpfen“, sagt sie stolz. „Das geht vom französischen Boxcalf über exotische Leder bis zu feinstem Cordovan-Leder“, beschreibt sie die Möglichkeiten. Cordovan ist übrigens ein sehr hochwertiges Leder aus der Pferdeflanke, das nur mehr eine Firma in Kanada herstellt.

Genäht wird mit Naturflachs, der mit Pech und Wachs eingelassen ist. „Beim Nähen schmilzt durch die Reibungshitze das Wachs und versiegelt damit die Naht nach oben“, erklärt Christine. Sie verwendet übrigens sogenannte Czismen-Nadeln. Diese sind besonders robust, lassen sich in die gewünschte Form biegen und eignen sich besonders gut für die anstrengende Näharbeit, mit der das Oberleder mit der Basis verbunden wird. „Blöd ist nur, dass niemand mehr diese Nadeln herstellt. Und ich habe nur noch 50 Stück davon. Na ja, wenn sie fertig sind, gehe ich halt in Pension“, scherzt sie.

 

Vier bis sechs Monate dauert es insgesamt vom ersten Gespräch bis zum Tag, an dem der fertige Schuh endlich von seiner Besitzerin oder seinem Besitzer in Empfang genommen werden kann. 80 % davon sind Herren. Und die Kunden kommen mittlerweile vielfach von außerhalb Vorarlbergs. „Ein Kunde
kommt aus Holland. Er ist einmal im Jahr im Ländle und lässt sich bei der Gelegenheit immer ein Paar neue Schuhe machen“, erzählt sie. Neben den Maßschuhen hat sie mittlerweile eine kleine, feine Kollektion erstellt. „Mein Ziel ist ja, irgendwann einmal meine Schuhe in einem Schuhgeschäft in Mailand verkaufen zu können“, sagt sie. Und das ist ihr auf jeden Fall zuzutrauen.

Christine Dünser macht Schuhe fürs Leben. „Klar ist der Preis recht hoch. Ein Paar beginnt bei rund 1.500,– Euro. Aber bei guter Pflege kann ich sie praktisch ewig tragen“, sagt sie selbstbewusst. Wenn man die Kosten für das hochwertige Grundmaterial bedenkt und die vielen Arbeitsstunden, die in jedem Schuh stecken, dann relativiert sich allerdings der Preis sehr schnell. Und wer nicht gerade mit Schuhen starten will, der findet bei Christine auch wunderbare Taschen. Oder man lässt sich einfach die passende Tasche zu den Schuhen machen. „Alles ist möglich“, sagt sie. „Selbst Damenschuhe bis Größe 48 habe ich schon gemacht. Das war allerdings eine ziemliche Herausforderung.“
Dass sie auch diese mit Bravour gemeistert hat, ist wohl keine Frage.

 

christineduenser-manufaktur.com

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