Bernardo Bader
Und seine neue Heimat
Man ist zunächst etwas erstaunt, wenn man vor dem Gebäude aus grauem Sichtbeton in der Bregenzer Klostergasse steht. Erstaunt einerseits darüber, dass hier, in diesem Umfeld, eine solche Architektur entstehen durfte. Und andererseits darüber, dass sie aus der Feder von Bernardo Bader stammt. Nicht weil man ihm einen solch außergewöhnlichen Monolith nicht zutrauen würde, sondern einzig deshalb, weil man ihn eher aus Holz vermutet hätte. Damit hat Bernardo Bader einmal mehr bewiesen, dass er jederzeit für Überraschungen und Außergewöhnliches gut ist.
„Interessant“, findet er denn auch diese Beobachtung, die wir ihm natürlich zu Beginn unseres Treffens mitteilen. „Ich habe mich selbst nie in einem der Lager, wenn man das überhaupt so bezeichnen mag, gesehen“, erklärt er. „Es geht doch immer zunächst darum, das Ganze zu verstehen und eine gute Lösung dafür zu entwickeln. Ob die dann in Holz oder Beton gebaut wird, ist völlig unwichtig.“ Bernardo Bader ist sehr klar und konsequent in seinen Ansichten und Haltungen. Er sei durchaus auch manchmal stur, gibt er denn auch zu. Aber nie aus Prinzip, sondern weil sich das ein Bauherr erwarten darf. Wenn jemand keine Meinung hat oder sich nicht zu deklarieren traut, dann ist das kein Zeichen von Kompetenz. „Oft fordern Bauherren sogar ein, dass Klartext gesprochen wird. Schließlich bezahlen sie ja für Expertise und nicht für Kuscheleinheiten“, bekräftigt er seine Überzeugung, um zu ergänzen: „Aus Reibung entsteht auch Energie und die braucht es für ein gutes Projekt.“
Deren hat er bereits eine ganze Menge gebaut. Angefangen vom Jüdischen Friedhof in Altach über das Wolf am Arlberg bis zur Kapelle in Krumbach oder zum Alpin Sport Zentrum in Schruns – Bernardo Bader versteht es meisterhaft, seine Architektur in Beziehung zur Natur oder auch zu ihrem städtischen Umfeld zu setzen und so ganz außergewöhnliche Lösungen zu schaffen. Orts- oder Stadtentwicklung ist nicht umsonst ein Thema, das ihn brennend interessiert. Hier sieht er auch eine der ganz großen Herausforderungen auf uns zukommen. Die Frage, wie Zentren – so sie überhaupt vorhanden sind – lebendig gehalten werden können, wie Siedlungsräume klug genutzt und wie Verkehrsführung beides verbindet und dabei noch Platz für die Wirtschaft bleibt; das ist für ihn weit spannender als für eine Projekt ein eigenes Möbel zu entwerfen.
A propos Projekt: kommen wir zurück zur Klostergasse in Bregenz. Hier ist Bernardo Bader selbst der Bauherr. Hier hat er seine ganz persönliche Vorstellung von seinem Atelier, kombiniert mit Wohnraum gebaut. Die beiden unteren Geschosse nützt er ab Mitte April für sein Büro. Darüber gibt es auf weiteren zwei Geschossen drei Wohneinheiten. Den Sichtbeton, der übrigens meisterhaft ausgeführt ist, kombiniert er im Innenraum mit Holz. Gekalkt, mit unterschiedlicher Fugenbreite verarbeitet und optisch sägerauh geht es eine wunderbare Symbiose mit dem Beton ein, der auch an Decke und Boden sichtbar bleiben durfte. Neben dem Holz sorgt brüniertes Messing für eine weitere schöne Ergänzung. Die Deckenspots sind versenkt und geben ihr Licht aus dem Inneren der Konstruktion in den Raum ab.
Das Gebäude öffnet sich nach allen Seiten, gewährt Einblicke, kommuniziert mit der Umgebung und lädt zum Austausch ein. Es ist ein bemerkenswerter Bau, der in seiner Klarheit und Geradlinigkeit ziemlich genau seinen Schöpfer spiegelt.
Beim Mittagessen in der Brasserie Petrus in der Anton Schneider Straße in Bregenz erzählt Bernardo Bader viel vom Studium. Davon wie in der Eröffnungsvorlesung seines Professors ein eher düsteres, aber schlussendlich doch realistisches Bild vom Beruf des Architekten gezeichnet wurde.
Glücklicherweise ist er einer jener 5 bis 6 prognostizierten Erfolgreichen. Schnell hat der gebürtige Bregenzerwälder während des Studiums begonnen, erste Projekte zu machen. Bereits im ersten Studienjahr bat ihn ein Freund, einen Umbau für ihn zu planen und zu koordinieren. „Ich hatte absolut keinen Plan, wie das gehen sollte. Zum Glück kannte ich ein paar sehr gute Handwerker. Die haben mir viel beigebracht und so ging alles gut über die Bühne“, erzählt er mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht.
Dieser sehr frühe Kontakt mit Handwerk – mit wirklich gutem Handwerk – hat ihn vermutlich auch für seine weitere Arbeit geprägt. Hat sein Bewusstsein für Qualität geschärft und seine Liebe für Details befeuert.
So ist er denn auch dem Bregenzerwald treu geblieben. Er wohnt noch immer in Krumbach, schätzt das dörfliche Leben, die Gemeinschaft und die Lebensqualität. „Man muss nicht immer am Stammtisch sitzen. Aber ab und an macht es große Freude, einfach das Gefühl von Nähe und Vertrautheit auch so zu erleben“, sagt er. Und manchmal entstehen bei solch einem Hock im Gasthaus auch wirklich große Dinge – wie die Busstationen in Krumbach. „Des war a bsoffene Gschicht“, grinst Bernardo Bader. Ein paar Wahnsinnige hatten die Idee, waren auch am Tag danach noch überzeugt und setzten sie schließlich in die Tat um. Auch so etwas entsteht im Dorf.
Für die Zukunft wünscht er sich mehr solche Projekte. Nicht unbedingt die Ideen aus Gasthauslaunen heraus. Aber Projekte, die einfach Spaß machen, die herausfordernd sind und die man sich aussuchen kann. „Ich beklage mich nicht. Ich habe tolle Projekte“, erklärt er. „Aber noch mehr aussuchen können, das wäre schon ein Ziel.“ Und dabei immer das Gesamte im Auge behalten, das ist ihm wichtig. Bis hin zur Möblierung. „Aber da sind wir mit reiter design eh auf einem guten Weg“, streut er zum Schluss noch schnell ein paar Rosen. reiter design sagt Danke.
Bilder:
Jens Ellensohn
Adolf Bereuter
David Schneyer
Archiv Bernardo Bader Architekten