Horgen Glarus

Horgen
Glarus

Umgeben von der Bergwelt der Glarner Alpen wird bei Horgen-Glarus seit 100 Jahren gewerkt. Es entstehen Stühle und Tische aus Holz, dem Holz, dem Material, das die Geschichte des Unternehmens seit Anbeginn prägt. Das Holz kommt aus dem Schweizer Jura. Es wird durch Hitze und Feuchtigkeit geschmeidig gemacht, in Form gebogen und über mehrere Tage getrocknet.

Ein Besuch bei horgenglarus ist wie eine kleine Zeitreise. Beim Rundgang durch die Produktionsgebäude wähnt man sich unvermittelt in einem Handwerksmuseum, in dem die sonst so präzisen Schweizer Uhren zumindest etwas langsamer ticken als anderswo. Dass hier dennoch die wahrscheinlich besten Bugholzstühle der Welt gefertigt werden, erschließt sich von Schritt zu Schritt mit wachsender Gewissheit.

 

Seit 1902 ist das Unternehmen an diesem Standort in Glarus. Und er wurde beinahe unverändert belassen. Natürlich wurde in neue Technik investiert – aber nur dort, wo es notwendig ist, wie beispielsweise bei den wenigen CNC-Maschinen. Vielmehr wurde kontinuierlich sorgsam und mit viel Gefühl renoviert, sanft und ohne die gewachsene, historische Struktur der Gebäude zu zerstören. Der Bach, der unter einer der Hallen durchfließt und früher für Strom gesorgt hat, wird zwar nicht mehr genutzt. Stattdessen wurde eine aufwändige Anlage für Wärmerückgewinnung sowie eine Hackschnitzelheizung installiert, mit der, wie früher durch die Wasserkraft, der gesamte Standort energieautark geführt werden kann.

 

Die meisten Maschinen jedoch sind weit älteren Datums als jene für die Energieversorgung oder die maschinelle Bearbeitung der Holzteile. „Wir reparieren solange es nur irgendwie geht“, erklärt uns Geschäftsführer Marco Wenger beim Rundgang. Und er ergänzt: „Die alten Maschinen sind viel robuster, haben weniger Elektronik, dafür viel mehr schwere Bauteile. Die machen sie weniger anfällig und stabiler, was für die hohe Präzision unserer Möbel ein entscheidender Vorteil ist.“ Klingt logisch. Außerdem passt es perfekt zum Spirit von horgenglarus. Diese einzigartige Kombination von Produktionstechnologie und hochspezialisiertem Handwerk verleiht jedem Fabrikat den Status und die Beständigkeit einer Einzelanfertigung. Dieses hohe Verarbeitungsniveau ist bis heute die Grundlage des nachhaltigen Erfolgs von horgenglarus.

Gegründet wurde horgenglarus 1880 in Horgen bei Zürich. Als der Platz dort langsam knapp wurde, fand das Unternehmen in Glarus einen neuen Standort, an dem sich noch heute die Zentrale befindet und an dem noch heute produziert wird. Inzwischen ist die älteste Stuhl- und Tischmanufaktur der Schweiz international erfolgreich und gehört in puncto Design und Qualität zur absoluten Weltspitze. Die Besonderheit von horgenglarus schätzte unter anderem auch bereits Le Corbusier. In seinen „Pavillon de l’Esprit Noveau“ bei der „Exposition internationale des Arts décoratifs“ präsentierte er schon 1925 die Stühle von horgenglarus als repräsentative Beispiele für zeitgemäße und zukunftsweisende Auffassung von Wohnkultur. Die Geschichte von horgenglarus ist von Beginn an geprägt von der Pionierrolle in der Schweizer Möbelindustrie. Als erstes setzte sich das Unternehmen die serielle Herstellung von Mobiliar auf höchstem Qualitäts- und Gestaltungsniveau zum Ziel: die einzigartige Kombination von Produktionstechnologie und hochspezialisiertem Handwerk verlieh jedem Fabrikat den Status und die Beständigkeit einer Einzelanfertigung. Dieses hohe Verarbeitungsniveau ist bis heute die Grundlage des nachhaltigen Erfolgs von horgenglarus geblieben. Beim Rundgang durch die Produktion ist dies eindrücklich zu erleben.

 

Es beginnt beim Holzlager, in dem ausschließlich Holz aus dem Jura gelagert wird, das rund 100 Jahre alt ist. Jedes Brett trocknet vier Jahre lang, bevor es fachmännisch begutachtet wird und der Produktionsprozess startet. Der beginnt in der Sägerei, wo aus den Brettern kantholzartige Teile geschnitten werden. Diese kommen dann zu Herrn Tschudi in die Biegerei. Nach zwei Stunden im Ofen, wo sie bei 100 Grad mit Wasserdampf behandelt werden, spannt er sie in die Biegemaschine, die sie in eine Form presst, als wären die Hölzer aus Schaumstoff. In dieser Form bleiben sie für 10 Tage, dann geht es in den Ofen zur Trocknung, bevor der nächste Schritt kommt. Herr Tschudi macht dies alles mit besonderer Ruhe und Behutsamkeit, denn die Bugholztechnik ist die Grundlage für die Formschönheit und Stabilität der Stühle von horgenglarus. Und natürlich läuft im Hintergrund zünftige Schweizer Volksmusik. Auch sie trägt sicher zur Swissness der Möbel bei.

 

Von Hand, ohne Schablone, wird das gebogene Holz aufgeschnitten, um danach verleimt zu werden – natürlich ohne Dübel. Nach weiteren 10 Stunden Trocknung geht es rüber zur CNC-Fräse. Hier wird, als einziger vollautomatischer Prozessschritt, die Sitzfläche in die spätere Form gebracht. Das war’s aber auch schon mit Hightech. Denn jetzt übernimmt Herr Filipovic und sein Team. Sie sind die Schleifspezialisten. Natürlich wird auch hier von Hand gearbeitet, immer wieder übers Holz gestrichen, um jede noch so kleine Ungereimtheit mit großer handwerklicher Fertigkeit sofort auszumerzen. Ergebnis ist eine Oberfläche, die an Glattheit und Haptik allerhöchstens von der Haut eines Säuglings übertroffen werden könnte.

 

„Rund 30.000 Stühle und 5.500 Tische werden wir heuer produzieren“, verrät uns Marco Wenger. Er ist sichtlich – und völlig zurecht – stolz auf seine Mitarbeiter und deren außergewöhnliche Leistung. Die meisten bleiben sehr lange im Unternehmen. Fluktuation gibt es zum Glück kaum, zu speziell sind die Fertigkeiten, die hier verlangt werden. Manche arbeiten schon in der dritten Generation im Betrieb. Was auffällt: Marco Wenger kennt sie alle mit Namen. Er begrüßt jeden einzelnen während unseres Rundgangs, macht oft ein kurzes Schwätzchen und ist sichtlich interessiert an seinen Mitarbeitern. „Wertschätzung ist bei uns kein Schlagwort, das in der Unternehmenspräsentation gut klingen soll“, sagt er. Glauben wir ihm aufs Wort. Als ein Zeichen der Wertschätzung sind übrigens alle Mitarbeiter direkt am Unternehmenserfolg beteiligt.

 

Nach der Schleiferei werden die Beine montiert, auf Länge gekürzt und die Rückenlehnen angebracht. Danach gehen die Stühle weiter in die Lackiererei. Selbst hier wird von Hand gearbeitet, mit ganz normalen Spritzpistolen, zu zweit und in einer unglaublichen Abgestimmtheit und Synergie. Ganz am Schluss wird jedes Möbel genau kontrolliert, bevor es für den Versand fertig gemacht wird.

 

Oben im Showroom, es ist der renovierte Dachboden des Verwaltungsgebäudes, ist dann die ganze Pracht der Möbel zu sehen. Und auch eine Galerie der Gestalter, die über die 135-jährige Geschichte für horgenglarus gearbeitet haben. Es ist ein Who-is-Who der Schweizer Designszene – von Moser über
Haefeli und Bellmann bis zu Wettstein. Diese privilegierte Stellung in der Designgeschichte und das damit verbundene Know-how erlauben es horgenglarus, auch in Zukunft den Trends zur Massenanfertigung und Auslagerung von Herstellungseinheiten etwas entgegenzusetzen: die Tradition des Werkentwurfs sowie die innovative Zusammenarbeit mit ausgewählten Möbelgestaltern und Architekten – besiegelt durch die Garantie „Handcrafted in Switzerland since 1880“.