Tim Boury

Tim 

Boury

Das Boury in Roeselare ist family business at it’s best. Und ein schönes Beispiel dafür, wie man mit klaren Kompetenzbereichen, gegenseitigem Respekt und Wertschätzung und einer ordentlichen Portion Leidenschaft und Zielstrebigkeit gemeinsam etwas Großes schaffen kann. Und so gilt für Inge, Tim und Ben: Aller guten Dinge sind drei.

 

„Als wir uns 2010 hier im Ort selbständig machten, war das schon ein wenig abenteuerlich. Schließlich gaben wir gute Jobs in Amsterdam auf, um hier in der Provinz durch­zustarten“, erzählt Chef Tim Boury im Gespräch am hellen Ecktisch im modernen Anbau seines Restaurants. „Aber wir wollten einfach weg aus der großen Stadt. Wegen der Kinder und auch weil die Eltern hier leben.“ Wir, das ist Tim und seine Frau Inge Waeles. Die beiden lernten sich im Comme chez Soi kennen, bevor es weiterging ins Oud Sluis, wo Tim unter der Führung von Sergio Herman als Souschef des 3-Sterne Restaurants arbeitete. „Er ist ein super kreativer und innovativer Mensch“, so Tim über seinen Ex-Chef. Dennoch wollte ich einfach mein eigenes Ding machen.

 

Zu Inge und Tim gesellte sich auf dem Weg in die Selbständigkeit auch Tim’s Bruder Ben. Er managt das Unternehmen und kümmert sich unter anderem um „Boury Bottled“, eine Spirituosen­kollektion. Inge ist die äußerst charmante und eloquente Gastgeberin, was wir am Abend noch ausführlich genießen durften. Und Tim ist der Mastermind in der Küche. Hier arbeitet er mit einem rund 20-köpfigen Team, zu dem derzeit sechs Gast-Köche gehören. Sie absolvieren im Rahmen der Boury Academy ein 3-monatiges Praktikum. „Für uns ist das super. So kommen immer wieder neue Einflüsse in unsere Küche, wir lernen tolle Menschen kennen und profitieren gemeinsam von der Zeit“, so Tim.

 

So wie er auf seine auszubildenden Schützlinge schaut, so achtet der Chef auch auf das Wohl seines Teams. „Nach dem letzten Dezember haben wir auf eine 4-Tage-Woche umgestellt. Das ist gut für alle. Wir sind ausgeruhter, konzentrierter und auch motivierter“, beschreibt er diese ungewöhnliche Initiative. „Jetzt haben wir wieder mehr Zeit, uns neue Gerichte zu überlegen und kreativ zu sein“, so Tim. So kommen alle sechs Wochen zwei neue Gerichte auf die Karte. „Sonst wird es nicht nur für die Gäste langweilig, sondern auch für uns Köche“, schmunzelt der Chef. Auf seine zwei Michelinsterne ist er natürlich stolz, keine Frage. Und wenn ein dritter dazukommt, dann ist das schön. „Aber wir arbeiten nicht verkrampft und verbissen daraufhin“, so Tim.

 

Seine Küche stellt auf dem Teller immer ein Produkt ins Zentrum. Es ist der Star, um den sich die anderen Komponenten gruppieren, ohne sich nach vorne zu drängen. Immer ist eine leichte Säure dabei – das macht die Gerichte bekömmlicher – und immer mehr Gerichte sind vegetarisch. Wie das ankommt, hört sich Tim jeden Abend direkt von seinen Gästen an. So auch an diesem. Wenn es ruhiger wird in der Küche, geht er von Tisch zu Tisch, um Meinungen einzuholen. „Das ist sehr wichtig für mich, damit ich weiß, was wir morgen besser machen müssen“, erklärt er diese Runde.

 

Dazu fällt uns am Abend desselben Tages, als wir das wunderbare Menü genießen, nicht viel ein. Die Gerichte sind leicht, überraschend, aromatisch und wunderschön präsentiert. Von der Brüsseler Waffel mit Harissa, Basilikum und Anchovis über die Auster oder den Karfiol in verschiedenen Varianten bis zum Skrei mit Langustinenschaum oder den verschiedenen Lammversionen. Das Signature Dish von Tim Boury ist wie er selbst: Bescheiden aber mit viel Substanz und Tiefgang: Eine zarte Tartelette ist mit Tartar vom Bluefin Thunfisch gefüllt, darauf ein paar Tupfer Dillcreme, darunter eine leicht geräucherte weiße Creme und darüber ein Löffel feinster Kaviar. „Der wird extra für uns gemacht, mit ganz wenig Salz“, schwärmt Tim völlig zurecht.

 

Zum Abschluss kommt der Käsewagen vorbei, jede Sorte eine Versuchung. Zum nächsten Abschluss kommt der Dessertwagen – noch mehr Versuchungen und kleine Schweinereien – und zum letzten Abschluss der Digestifwagen. Gegen Mitternacht machen wir uns gut gelaunt, mit 14 Gängen genährt und von der üppigen Weinbegleitung beschwingt auf den Weg ins Hotel. Ein letzter Blick auf das wunderschöne Backsteinhaus der Bourys und ein herzliches Dankeschön für die Gastfreundschaft und den warmen Empfang.