Weil es gut
sein muss
Markus Faißt macht Möbel und andere Dinge aus Massivholz.
Ein Besuch bei Markus Faißt ist eine Auszeit vom Alltag. Nicht weil es die pure Entspannung wäre, ganz im Gegenteil – man ist jede Minute gefordert. Sondern weil man sich im Gespräch mit ihm auf eine Reise begibt. Man durchstreift einen ganz eigenen Kosmos, der von Architektur und Handwerk über die Region, ihre Wälder und das Holz bis zu Musik und bildnerischer Kunst führt, um schlussendlich bei Kulinarik, Freundschaft und Familie zu enden. Man vergisst dabei für ein paar Stunden das eigene
Tagesgeschäft, tankt Energie und geht am Ende mit mehr als man gekommen ist.
Markus Faißt ist in allem, was er sagt und macht, sehr klar, konsequent und reflektiert. Das war er schon damals, als er die Firma von seinem Vater übernahm. „Ich hatte zwar kein Geld, wollte aber von Anfang an etwas Besonderes hier aufbauen. Deshalb habe ich Roland Gnaiger gebeten, ein Architekturkonzept für den Standort hier zu entwickeln“, erzählt er von den Anfängen der Holzwerkstatt in Hittisau. „Es musste gut sein und das war mir etwas wert.“ Das Ergebnis hat Bestand und Qualität. Und die Verbindung zwischen den beiden hält bis heute. Nicht zuletzt deshalb, weil sowohl Markus Faißt wie auch Roland Gnaiger viele Jahre zeitgleich an der Uni in Linz gelehrt haben.
Während Markus von den Anfängen erzählt, stehen wir auf dem Hof, zwischen dem Haupthaus und einem länglichen Gebäude, das leicht und luftig wirkt und durch die Querlattung Blicke auf Holzstapel im Inneren zulässt. Ob dies das Holzlager sei, wollen wir wissen, und handeln uns für diese Frage gleich eine gelbe Karte ein. „Unser Holz wird nicht gelagert, es reift“, werden wir korrigiert. Und bald verstehen wir, dass dies ein großer und entscheidender Unterschied ist. „Zeit und Luft sorgen dafür, dass unser Holz sich in Ruhe entwickeln kann, bis es für die Verarbeitung perfekt ist“, erklärt Markus. Das beginnt bereits bei der Schlägerung, die bei Markus allerdings „Ernte“ heißt. „Das machen wir im Winter, natürlich nur beim richtigen Mond. Das Holz wird dann in der Säge in Schwarzenberg geschnitten und kommt für 6 bis 12 Monate auf den Luftreifeplatz“, erklärt er den Prozess. Danach wird es hierher nach Hittisau transportiert und kommt ins Holzreifehaus. Hier bleibt es für 3 bis 7 Jahre – je nach Holzart. „Bergahorn beispielsweise muss pro 50 cm Dicke 1 Jahr trocknen. Bei Fichte geht es doppelt so schnell“, erklärt uns Markus. Natürlich wollen wir wissen, wie er so lange im Voraus weiß, welches Holz er in ein paar Jahren brauchen wird und was daraus gebaut werden soll. „Das ist eine Mischung aus Erfahrung und Bauchgefühl“, lautet die Erklärung. Und mit einem Schmunzeln ergänzt er: „Manchmal sagt auch der Baum, was er später werden will.“
In der Holzwerkstatt von Markus Faißt – er legt übrigens großen Wert darauf, keine Tischlerei oder Schreinerei zu sein – werden ausschließlich Vollholzmöbel mit traditionellen Verbindungen gefertigt. Ruhig und beinahe liebevoll geht es zu in der Werkstatt. Man spürt die große Wertschätzung der Mitarbeiter für ihr Material und ihre Arbeit. Behutsam fassen sie die einzelnen Stücke an, bearbeiten sie, verleimen, stecken zusammen und schleifen. Es ist keine spektakuläre Werkstatt. Aber eine mit Seele. Alle Möbel sind naturbelassen, nur einzelne Stücke sind schwarz gebeizt. „Nein, nicht gebeizt“, korrigiert Markus ein weiteres Mal unsere voreilige Annahme. „Das ist ein ganz spezielles Verfahren, mit dem wir das Holz schwarz färben. Daran habe ich ziemlich lange getüftelt“, erklärt er. Wie es geht, bleibt sein Geheimnis. Lack ist auch sonst tabu in der Holzwerkstatt. Stattdessen werden hier Öle, Wachse, Seifen und Laugen verwendet, um die Oberflächen zu vollenden. „Die Oberflächen sind das Wichtigste. Sie sind das erste, das man sieht. Über sie spricht das Möbel zum Betrachter“, erklärt Markus.
Sehen, spüren, wahrnehmen. Genau darum geht es hier. Das beginnt beim Wald an den Hängen des Rothenbergs hinter dem Haus und endet beim fertigen Möbel in der Werkstatt. „Eine Schule des Sehens und der Wahrnehmung“ nennt es denn auch Markus Faißt. Das ist genauso der Spaziergang durch den Wald, der in sich eine Mischung aus Natur und Kultur ist, wie auch die Betrachtung und das Befühlen des fertigen Möbels. Es erdet. Macht ruhig. Öffnet.
Wir verlassen die Werkstatt und gehen in den oberen Stock des Hauses. Auch hier ein kleines Detail, das in seiner Wirkung einen großen Unterschied macht: Der Boden, der sägerauh gelassen und nur mit Seifenlauge eingelassen wurde. Man kann es schwer beschreiben, aber so banal es klingen mag, so besonders ist es, ihn zu begehen und zu betrachten. „Ja, langsam beginnt der Boden Danke zu sagen“, setzt Markus noch einen Gedanken drauf. Und mit der nächsten Türe öffnet er eine weitere Dimension seiner ganz eigenen Welt.
Ein großer, hoher, heller, L-förmiger Raum empfängt uns. Rechts eine große Küche, davor ein langer Tisch mit Sesseln. In der Ecke ein Konzertflügel und links Freiraum, der im Moment als Ausstellungsfläche genutzt wird. „Wir machen immer wieder Konzerte und Veranstaltungen hier“, lautet die Erklärung. Nicht gerade naheliegend für einen Handwerksbetrieb. Aber natürlich hat Markus Faißt auch dafür gute Gründe: „Kultur in jeglicher Form ist ein fixer Bestandteil in unserem Leben. Sie beschenkt und bereichert uns“, sagt er. Kultur sei eine Weltreise ohne wegzufahren. „Außerdem sind schon so viele, tolle Freundschaften entstanden, für die meine Frau und ich unendlich dankbar sind.“
Das Beeindruckende an Markus Faißt ist die Selbstverständlichkeit, mit der er macht, was er tut. Nie hat man das Gefühl, dass er sich damit wichtig machen möchte. Dass er nach Anerkennung sucht. Oder sich gar über andere stellen möchte. Er ist eben so. Ein Mensch mit klaren Prinzipien, der seinen Weg geht. Und der das macht, was ihm wichtig ist. Der seine Interessen pflegt und daran andere Menschen teilhaben lässt, wenn sie Lust dazu haben. Engagiert ja, aber nicht verbissen. Bei sich, aber nicht egozentrisch.
Inzwischen sitzen wir am langen Tisch. Markus ́ Frau hat sich zu uns gesellt und wir sprechen über Beziehungen und die Bedeutung von Dingen. „Es ist wichtig, wesentlich zu sein“, sagt Markus. Es gebe viel zu viel Gewöhnliches, Banales. Darum sei ihnen beiden wichtig, etwas zu bewirken mit dem, was sie tun und schaffen. Auch mit den kleinen Objekten, die aus der eigenen Werkstatt kommen und hier ausgestellt sind. „Werk ́Schönes, Wirk ́Schönes“ ist das Themendach, unter dem sich diese Arbeiten versammeln.
In der Broschüre zu den Objekten findet sich auch ein Text von Roland Gnaiger, in dem er schreibt: „Schönheit in ihrer Größe, Vielfalt und Vielschichtigkeit ist undefinierbar … Schönheit will gefühlt, nicht verstanden werden.“ Hier, in der Holzwerkstatt hat man das Gefühl, weit mehr zu fühlen, als die Schönheit des Holzes und der Objekte, die daraus entstanden sind. Und einmal mehr bewahrheitet sich, dass Reisen, auch wenn es nur ein gedankliches Unterwegssein ist, unersetzliche Eindrücke eröffnet, unvergessliche Begegnungen bringt und unauslöschliche Erinnerungen zurücklässt. Dafür ein herzliches Dankeschön unserem Reiseleiter Markus Faißt.