BTV Dornbirn
Dornbirn ist eine ganz eigenartige Stadt. Wie im alten Kern, wo neben einer klassizistischen Tempelkirchenfassade das kleine berühmte rote Holzhaus steht – diese Situation, die auch Le Corbusier aufgefallen ist, so dass er sie in einer seiner Schriften beschrieben hat, so findet man in der ganzen Stadt diese teilweise reizvollen, oft dann auch brutalen Gegensätze von Maßstäben und völlig unterschiedlicher Bautypen.
Das „Brutale“ wollte ich nicht. Deshalb ist auch die erste Maßnahme eine Verzicht auf das, durch den Bestand gegebene Anbaurecht an die Grenze des nördlichen Nachbarn und stattdessen der Versuch, die Orthogonalität zur Bahnhofsstraße aufzunehmen und so einen Dialog mit der denkmalgeschützten Villa, ihrem reizvollen Hinterhof mit altem Nebengebäude, entstehen zu lassen.
Zweite städtebauliche Maßnahme war die Ausprägung des Raums zwischen den beiden neuen Baukörpern als „shared space“ zu sehen und als Folge davon, die beiden Gebäude vom Altweg zu betreten. Dies schien mir umso sinnvoller, als ich den Bauplatz in verkehrsreichen Stoßzeiten besuchte und der Altweg quasi kaum befahren, die anderen Straßen jedoch echte „Rushhour-Bilder“ boten. Der Blick „in die Weite“ des Altwegs war ein weiterer Grund, der mir dieses Vorgehen bestätigte, und durch diese Wichtigkeit auch keine Änderungen an den Bahnhofstraßenseitigen Baufluchten sinnvoll erscheinen ließ.
Wie nun zwei Gebäude an diesem Ort bauen – das eine doppelt so groß wie das andere – das Kleine in seiner inneren Struktur kleinmaßstäblicher als das große, das große Saalräume enthält. Wie sprechen sie untereinander, wie gleich, wie verschieden sind sie, ohne dass man versucht eine Einheitlichkeit zu erzeugen, die dem eigentlichen Inhalt nicht entspricht und eventuell nur eine formale Geste werden könnte, der man nie glaubt, die alles auch „zu groß“ erscheinen lässt.
Zuerst war das kleine Bankgebäude zu lösen – aber es soll ja nicht „das Kleine“ bleiben. Im Inneren schien die einzige Möglichkeit, diese Struktur nicht zu einer „Bankfiliale“ , sondern zu einer „Bank“ zu machen, zwei der drei, im Erdgeschoss geforderten Kundenbesprechungsräume in ein Zwischengeschoss zu legen und so Enge zu vermeiden und nach oben sich entwickelnde, verschränkte Raumgefüge zu generieren. Große wandelbare Büroräume nehmen immer die gesamte Gebäudebreite und öffnen sich nach Westen ins grüne Villengebiet und nach Norden zum „Schwestergebäude“ – dessen recht geschlossene Fassade das Licht der Sonne sanft reflektiert. Das Mehrzweckgebäude ist so Teil des Innenraums des Bankgebäudes.
„Das Außen ist stets auch ein Innen.“ Dieser Satz Le Corbusiers passt gut zu diesem Ansatz. Der Platz zwischen Bank und Mehrzweckgebäude lebt von diesem Gegensatz der offenen, mit vertikalen Lamellen versehenen oberen Bankgeschosse und der eher geschlossenen Südfassade des Mehrzweckgebäudes. Eigentlich war das für mich die Lösung, wie sich diese beiden Bauten „brauchen“ und dadurch vor allem eine räumliche Ganzheit werden können; nicht nur einander mehr oder weniger schön gegenüber zu stehen, sondern eben diesen „Schwellenraum“ zusammen mit einem besonderen Boden zu prägen. Süd- und Ostfassade sind herb und einfach, aber umso eindrücklicher und weisen so indirekt auf das „offene“ am „Altwegplatz“ – vielleicht eine schöne Adresse.
Das Mehrzweckgebäude, das dem Bankgebäude gegenübersteht, ordnet zu diesem hin nur die Räume für Konzerte, Feste und Feiern, die Mietflächen wie Geschäfte und Büros richten sich entweder zur Bahnhofstraße oder liegen, wie eine eigene innere Welt, im obersten Geschoss.
Vom „Altwegplatz“, gegenüber vom Bankeingang erschlossen, liegt das Saalgeschoss in der Beletage, das Foyer im ersten Stock wirkt ein bisschen wie der Saal in einem venezianischen Palast, richtet sich nach Süden auf die Fassade des Bankgebäudes und blickt nach Norden auf die alte Villa und schräg hinein in die Bahnhofstraße. Das etwas „Verborgene“ und doch „Einsichtige“ entspricht der praktizierten Art des Bespielens solcher Räume durch die BTV, die exklusiven nicht wirklich öffentlichen Charakter hat. Der Saal entspricht den geforderten bewährten Proportionen.
In den Büroflächen wurde eher eine „Standardsituation“ aufgezeigt, die kleinere Aufteilungen ermöglichen. Je nach Wunsch der Mieter ist hier auch eine andere Verbindung der Büroflächen möglich – im obersten Geschoss auch eine große Fläche mit kleinen Luft- und Lichthöfen.
Materialisierung:
Wenngleich ich anfänglich an helle Betonkörper dachte, habe ich diesen Ansatz aus zwei Gründen fallen gelassen. Vor allem aus der knappen Situation beim Bankgebäude, aber teilweise auch beim Saalgebäude ist eine Zweischaligkeit nicht möglich, die hunderten Meter von Isokörben mit Innendämmung entsprechend kostenaufwändig. Außerdem manifestieren sich zwei Betonkörper in dieser Bahnhofstraße vielleicht etwas zu dominant und schwer.
Deshalb sind die Bauten als verputzte Körper zu sehen. Rein mineralischer Putz in Sandfarbe – gräulich oder quarzsandfarbig – ca. 1cm stark auf doppelt genetztem Untergrund, auf Wärmedämmung gedübelt, entwickelt von der Firma Röfix zusammen mit dem Südtiroler Restaurator Pescoller. Sockelplatten und Platzbelag könnten aus hellem Beton gefertigt sein. Die Lamellen entweder, fast wie ein „Spitzenschleiher“ aus feinem hellen Welllochblech, oder eher kontrastierend aus Holz oder ähnlichem denkbar. Ganz sicher bin ich mir da noch nicht. Im Inneren kann teilweise die Betonstruktur sichtbar bleiben, sonst weiße Flächen und Holzböden, in den öffentlicheren Zonen helle Betonböden.
Architektur:
Rainer Köberl, Architekt / Innsbruck
Mitarbeiter:
Serdar Ötztürk, Kerstin Enn, Simone Brandstätter,
Richard Weiskopf, Melanie Haid, Julian Gatterer
Statik und Bauleitung:
GBD
Projektleiter BTV:
Alois Zimmermann
Möbel, Licht, Accessoires:
Empfang und Bar: Alvaro Siza – Boa Nova; Garderoben: Schönbuch Left + Rack Beratung: Sessel Walter Knoll Turtle, Sessel VITRA Aluminium Chair Stehleuchte Santa & Cole; Veranstaltung und Schulung: Stapelstuhl howe 40/4 Büro: Drehstuhl VITRA Physix Teeküche: Stuhl Hussl ST6-2 N, Tisch Plank Mister X
Fotos:
Lukas Schaller