Tree.ly

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Jodok Batlogg und sein Team helfen Waldbesitzern mit CO2 Zertifikaten Geld zu verdienen.

 

Wie es sich für ein Startup gehört, treffen wir Jodok Batlogg in Dornbirn in der Postgarage, wo er gemeinsam mit seinem Team rund um einen großen Tisch sitzt und mitten in der kreativen Atmosphäre dieses Hubs an seiner noch jungen Idee arbeitet. Als Ecopreneur, wie er sich selbst bezeichnet, hat er der Tech Welt, in der er in den letzten 20 Jahren überaus erfolgreich agierte, nur scheinbar den Rücken gekehrt. „Ich wollte nach den zahlreichen internationalen Erfolgen einfach etwas machen, das ich hier in Vorarlberg ganz regional beginnen kann, das aber dennoch einen globalen Impact haben kann und skalierbar ist“, erzählt er uns. Und so gründete er vor gut zwei Jahren Tree.ly.

 

„Ich war nach meinem Ausstieg bei Crate.io viel im Wald, mit dem Vater eines Freundes. Das hat mich geerdet, mir Ruhe gegeben und mich auf völlig neue Gedanken gebracht“, so Batlogg. Das bewusste Wahrnehmen der Natur und das Nachdenken darüber, wie wir mit ihr umgehen, welche Chancen sie aber bietet, hat einiges in Bewegung gebracht. „Wir haben ein Auto verkauft, die Ernährung umgestellt und reisen heute wenn möglich ohne Flugzeug“, beschreibt er die Veränderungen.

 

Er hat aber auch darüber nachgedacht, wie die fantastische Ressource Wald für die Verbesserung des Klimas arbeitet – und künftig arbeiten könnte. „Heute verdienen Waldbesitzer hauptsächlich durch Holzschlägerung und Verkauf. Ich möchte, dass sie für ihren Beitrag zum Klimaschutz Geld bekommen“, so Batlogg. Und das hat Tree.ly geschafft. „Bis zu 80 Euro kann heute ein Waldbesitzer erwirtschaften, wenn er mit Tree.ly einen Vertrag abschließt. Das macht bei 5.000 Hektar rund 350.000 Euro im Jahr“, rechnet er anhand eines ersten Partners vor.

 

CO2-Zertifikate als Schlüssel
Und so funktioniert’s: Wenn ein Waldbesitzer Interesse an einer Partnerschaft mit Tree.ly hat, wird als erster Schritt der Wald genauestens analysiert. Mittels maschinellem Lernen, Satellitenunterstützung, Höhenstufen und Laserscans sowie einer Inventur des Bestandes am Boden wird ermittelt, wie viel Biomasse für die Aufnahme von Kohlenstoff verfügbar ist. Diese Kennzahl ist die Basis und wird jedes Jahr evaluiert. Nun wird mit dem Waldbesitzer vereinbart, wie die weitere Entwicklung des Waldes sein soll, damit die Kennzahlen und Ziele in den Folgejahren erreicht und die CO2-Aufnahme des Waldes weiter optimiert werden kann. Die Zertifikate werden von einer dritten Stelle validiert und dann am freien Markt zum Kauf angeboten. „Wir haben derzeit vier Pilotprojekte laufen, der Ausbau geht aber zügig voran. Die Zertifikate aus diesen Wäldern verkaufen wir regional – das ist uns ganz wichtig und das wird auch hervorragend angenommen“, so Batlogg.

 

Hohe Akzeptanz
Die Waldbesitzer sind begeistert. Sie erhalten eine neue Einnahmequelle und verbessern gleichzeitig den Status ihrer Wälder. „Das Geld müssen alle wieder in ihren Wald investieren“, erklärt Batlogg, „und wir bekommen vom Verkauf einen Prozentanteil, mit dem wir uns finanzieren „Solche Modelle gibt es bereits in den USA mit NCX oder in Südamerika mit Pachama. Beide bringen Landbesitzer und Zertifikatskäufer zusammen. Der Unterschied liegt in der Regionalität der Lösung und in der validierten Zertifizierung samt Entwicklungsplan für die jeweiligen Wälder“, beschreibt Jodok Batlogg die Besonderheit von Tree.ly

 

Regionalität beschränkt das junge Unternehmen dabei aber keinesfalls auf Vorarlberg. Es gibt Gespräche mit Waldbesitzern in Deutschland oder auch in Finnland. Aber auch dort wird der Fokus beim Zertifikatsverkauf zunächst im jeweiligen Umfeld bzw. Land liegen. Denn, so ist Jodok Batlogg überzeugt, je direkter der Bezug zwischen einer Optimierung des Waldbestandes und den Käufern der Zertifikate ist, desto besser ist die Akzeptanz und auch die Sensibilisierung für das eigene Handeln. „Für mich geht es immer zuerst um Vermeiden, dann um Verändern und erst in dritter Linie um Ersatzmodelle wie das unsrige“, so Batlogg. „Es ist noch ein weiter Weg bis zur Klimaneutralität. Wir möchten dabei eine wichtige Rolle spielen und einen Beitrag leisten.“

 

Das Team – es sitzen derzeit fünf Mitstreiter mit Jodok um den Tisch in der Postgarage – ist jedenfalls von der Idee überzeugt und arbeitet begeistert an der Umsetzung. „Klar könnte ich woanders vielleicht mehr Geld verdienen“, sagt Lukas, einer der Entwickler, „aber das hier macht mich zufrieden, ich sehe einen Sinn dahinter und ich habe das Gefühl, dass ich meine Fähigkeiten für etwas echt Sinnvolles einsetze.“ Optimierungsbedarf gibt es derzeit noch auf Ebene der österreichischen Gesetzgebung. Diese sieht vor, dass Zertifikate für österreichische Wälder international nur bedingt gehandelt werden können. So will man erreichen, dass sämtliche Reduktionsmaßnahen in die heimische Bilanz eingerechnet werden und nicht ausländischen Statistiken gutgeschrieben werden. „Da muss man schon noch reden, wie das in Zukunft besser bewertet werden kann. Für uns ist es derzeit noch kein entscheidendes Problem, da wir ohnehin regional verkaufen wollen“, so Batlogg.

 

Für Tree.ly ist es keine Frage, dass ihr Konzept in jedem Fall einen wertvollen Beitrag zur Klimaverbesserung leistet. Es geht aber noch weiter: Durch die langjährige Verpflichtung der Waldbesitzer, einen bestimmten Vorrat pro Hektar zu erhalten und im Idealfall auszubauen, entsteht eine nachhaltige Wirkung über Jahrzehnte. „Nebenbei wirkt sich die gezielte Pflege des Waldes auch auf die Biodiversität positiv aus“, ergänzt Jodok Batlogg.

 

Zum Schluss unseres Treffens fahren wir gemeinsam mit Jodok noch Richtung Ebnit in eines der betreuten Waldstücke. „Schaut euch den prächtigen Wald an“, schwärmt Jodok. Er streicht mit der Hand über Blätter, lässt den Blick schweifen und man merkt ihm an, dass Tree.ly nicht nur ein weiteres Unternehmen in der beeindruckenden Vita des umtriebigen Wälders ist, sondern ein Herzensprojekt. Man spürt die Liebe zum Thema, zum Wald. Aber auch die Demut vor der Natur und ihrer Pracht.

 

„Wie sieht eine Welt aus, die für alle funktioniert?“ Das ist eine der zentralen Fragen, die sich Jodok Batlogg stellt. Und hier im Wald bekommt man eine Idee davon. Natürlich ist ihm dabei auch wirtschaftlicher Erfolg wichtig. Aber das ist nur eines seiner drei „P“ – neben „profit“ geht es auch um „people“ und „purpose“. Und wenn man bedenkt, dass alleine im letzten Jahr der Wald Schwund in Deutschland 3 % betrug, so ist es höchste Zeit, hier anzusetzen. „Wir können mit dem Wald in Europa die CO2-Kompensation von 7 auf 12 % steigern“, sagt Jodok. „Das ist doch eine prima Motivation, oder?“ Ist es definitiv – und Tree.ly leistet dazu einen wichtigen Beitrag.